Wir haben einige Newsletter rund um das Thema „Reisen“ abonniert. Dazu zählt seit Mai 2017 auch der von travel-dealz.de. Hier hat Peer Linder, einer der Autoren der Website, erstmals im Juni 2022 die Möglichkeit eines Tages-/Zweitagesausflugs mit der Bahn - den interessanten Teil auf der Albula- und Bernina-Linie durch Graubünden mit der Rhätischen Bahn (RhB) - von München über die Bernina-Express-Strecke nach Tirano in Norditalien beschrieben. Spontan habe ich diesen interessanten Tipp am 28. und 29. Juni 2022 umgesetzt …
Guten Morgen!
Zeitig am Bahnhof und pünktlich ging's los. Der schweizer ICE hat etwas von einem japanischen Shinkansen, ist aber ein Franzose (Alstom). Die SBB-Smartphone-Zuginfo hat natürlich die typische schweizer Bahnuhr integriert. Dafür gibt's im WC kein Waschwasser - das gäb's im Shinkansen jetzt nicht ... oder der Schaffner würde dort stehen und den Fahrgästen die Hände mit Mineralwasser waschen. ;-)
... bei mir geht's bis St. Margrethen. Dort steige ich um.
Die Umstiege in St. Margrethen und Chur haben problemlos geklappt. Der erste durch Verspätung allerdings nur, da ich eigentlich 38 Minuten Umsteigezeit gehabt hätte. Da ein IC aus Zürich ausgefallen ist, bin ich nun, im ansonsten eher vollen Zug ab Chur, in einem Wagon ganz allein. Zwei Stationen (Reichenau-Tamins) hinter Chur geht's nun in Richtung Landwasserviadukt in die Berge.
... Das Zweitfrühstück gab's "mit" Heiden. Kaffee und Waffeln habe ich in kluger Voraussicht mitgebracht ... hier kostet eine Nusstorte soviel, wie mein Hotel mit Frühstück im italienischen Tirano. Das Kinderabteil in diesem Zug ist mit kleinen Bänken, Spieltischen und einer Lokrutsche besonders nett gestaltet. Meinen Sitz kann ich zwar nicht verstellen, aber dafür senkt und hebt sich das Rollo per Knopfdruck.
In Pontresina soeben in den letzten Zug umgestiegen, der nun in zwei Stunden bis nach Tirano fährt. Auf der Strecke bisher waren die beiden Highlights das Landwasserviadukt bei Filsur und die Kehrtunnels zwischen Bergün und Preda. An vielen Haltestellen wird nur auf Verlangen gestoppt. Zur Strecke und den Sehenswürdigkeiten gibt's immer Durchsagen auf Deutsch und Englisch - ab Samedan dann die Haltestelleninfos auch auf Rätoromanisch.
Auf der Albula- und Berninalinie gibt es immer wieder ausführliche Durchsagen zu Strecke und Umgebung:
Ein Beispiel für die Haltestellendurchsagen in Rätoromanisch - hier Surovas:
Der Albula-Tunnel wird ab 2024 durch einen neuen Tunnel ersetzt, der grad gebaut wird. An der Baustelle gibt's eine Art Erlebnisspielplatz. Vielleicht ganz gut, dass es regnet und kein Kind an der Sprengwand stand. ;-)
Aufgrund des Regens waren Fotos auf dem Rest der Strecke teils schwierig zu machen. Die Linse musste direkt auf der Scheibe aufliegen, damit die Optik sich nicht von den Regentropfen auf der Scheibe verwirren ließ. Die Baumgrenze war schnell überschritten und die Gletscher sehr nah. Sobald es Gras gab, waren auch Rinder da. Bei dem Foto von der Tunneleinfahrt bitte Strohbesen rechts im Bild beachten. Das letzte Highlight auf der Strecke war das Kreisviadukt von Brusio (italienisch: Viadotto elicoidale di Brusio) - einem eingleisigen, schleifenförmigen Eisenbahnviadukt der Rhätischen Bahn (RhB).
Fahrt über das Kreisviadukt von Brusio (Video von der Rückfahrt am 29.06.2022):
Ab dort fuhr die Eisenbahn dann teils neben den Autos auf der Straße, sehr nah an den Hauswänden und in Tirano - bei pünktlicher Ankunft um 15 Uhr - dann mitten durch die Stadt an der Basilika Madonna di Tirano (auch: Santuario della Madonna di Tirano) vorbei. Das Hotel Corona habe ich mit Bedacht nicht gewählt. Meine Pension Stelvio direkt am Fluss kostet mit Frühstück 39 Euro ... ergo einer 22-Zentimeternusstorte in der Schweiz. Preis-Leistung stimmen wohl - noch das Frühstück abwarten. Nun etwas ausruhen und am Abend dann in die "Alte Stadt" zum Essen.
Essen gab's gleich an der Basilika im Ristorante Pizzeria Belvedere. Einen hiesigen gebacken Käse und dann Pizzoccheri ("Pizzoccheri (della Valtellina oder di Poschiavo) sind eine Teigwarenart aus Buchweizen- und Weizenmehl, die im lombardischen Veltlin (Valtellina) und im benachbarten bündnerischen Puschlav (Poschiavo) sowie am Comer See beheimatet ist. Pizzoccheri werden typischerweise vermischt mit Wirsing und Kartoffeln sowie Käse serviert.") Auf dem Rückweg noch eine Kugel Eis besorgt und dann kurz in die Altstadt die auf der anderen Straßenseite meiner Albergo liegt. Nun gute Nacht!
Hallo auf dem Weg zwischen Poschiavo und Pontresina!
Nach dem Frühstück habe ich spontan einen Zug um 09:41 Uhr genommen, der einen offenen Wagen hat und war um 10:28 Uhr in Poschiavo.
In Tirano fährt die Eisenbahn auf Straßenlevel mitten durch die Stadt:
Bei einer Ortsbesichtigung sah ich eine Holzbrücke im Hang hinter der Kirche. Den gut verstecken Zugang hinter einem Haus fand ich dann auch und bin hochgestiegen - dem Bewuchs nach seit längerem wohl der erste. Auf dem Rückweg bin ich dann in den Coop am Bahnhof und habe mir eine Olivenstange und eine Rivella zum Mittagessen geholt. Am Bahnhof war dann noch genug Zeit zum Verzehr, bevor mein Zug um 12:28 Uhr kam und abfuhr, in dem ich nun sitze - wieder in einem offenen Wagen.
Bis hoch zum Ospizio Bernina, dem höchsten und wohl karksten Punkt der Strecke, kühlt es von Kurve zu Kurve merklich ab. Wenn man möchte, und entsprechend plant, kann man an jedem Halt aussteigen, um Wanderungen zu unternehmen - beispielsweise auch zwischen den Stationen. In Bernina Lagalb und Bernina Diavolezza gibt es zwei Bergbahnen, mit denen man sich auch noch auf die Berspitzen gondeln lassen kann. Der Lachs war übrigens einer der Wochenknüller ... fragt lieber nicht, was der reguläre Preis war. ;-)
In Samedan bin ich dann gegen 14 Uhr angekommen und in einen
Zug nach Chur gestiegen. Interessant sind bei diesem Typ zwei
Dinge: In der zweiten Klasse gibt es einen Aussichtswagen in
dem man parallel zu den großen Fenstern "sitzsteht". Und den
WC-Türgriff berührt man nur leicht - geht auch mit Ellenbogen
oder Tuch - und die Tür schwebt auf. Lässt man los, stoppt sie
sofort. Die "normalen" Züge auf der Strecke haben gegenüber den
Bernina-Express-Zügen mit den Panoramawägen eigentlich nur
Vorteile: Sie sind leerer, es gibt teils offene Wagons, man
kann in der Regel die Fenster öffnen und man spart sich die
erzwungen Reservierungsgebühren. Zudem ist man so noch frei in
der Wahl, wann man welchen Zug nimmt.
Kurz nach 16 Uhr war ich in Chur und bin zunächst zu Coop und
Migros gegangen, um zu schauen, was es als Zugproviant für den
Abend gibt. Dann bin ich mit einem Kaffee-zum-Gehen durch die
Altstadt. Auch Dort gibt es Kühe - naja - und die Eisenbahn
fährt teils zwischen den Autos. Gegen 18:30 Uhr habe ich bei
Migros dann Chäswähe und Kirschenwähe für die Rückfahrt sowie
einen Butterzopf für München geholt. Im Denner nebenan gab's
dann auch noch einen frischen Zopf - bei Migros schon aus - und
einen Yoghurt für die Strecke - eine Stunde - zwischen Chur und
St. Margrethen. Nach 38 Minuten Aufenthalt steige ich dort um
20:51 Uhr in den letzten Zug und bin um 23:04 Uhr zurück in
München. Schon jetzt: Gute Nacht!
In St. Margrethen ist der Hund nicht nur begraben, sondern schaut auch paarweise aus dem Autofenster. Dazu passen lustige Wanderziele. Innovativ allerdings die Zug- und Ortsinfoanzeige. Sonnenuntergangsgrüße zur guten Nacht vom Bodensee.
Die Teilstrecke von Thusis bis nach Tirano bietet die Rhätische Bahn als 6-Tageswanderung an: "Via Albula/Bernina Wandern entlang dem UNESCO Welterbe"